Thema: Breitbandausbau in MV
Mareike Donath:
Herzlich willkommen zum Podcast vom „Digitalen MV”. Mein Name ist Mareike Donath, Stabsstellenleiterin im Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern. In Folge 1 unseres Podcasts beleuchten wir die Chancen und Möglichkeiten des Breitbandausbaus in unserem Land.
Um mit dem digitalen Wandel Schritt zu halten, konkurrenzfähig zu bleiben und Innovationen zu fördern, ist für viele Menschen und Unternehmen in MV eine Anbindung ans schnelle Internet in Mecklenburg-Vorpommern unerlässlich.
So wie für Start-up-Gründer Hannes Trettin vom “Project Bay” auf der Insel Rügen:
Hannes Trettin:
Also es war auch die Grundlage überhaupt, das wir hierher gekommen sind, an diesen Standort. Ohne hätten wir das gar nicht machen können, weil ohne Internet kann man das heutzutage gar nicht mehr anbieten.
Mareike Donath:
Wir hören Stimmen wie von Gunnar Schuldt, den Chef der Firma Elektro Anlagenbau GmbH in Bergen, für die ein vernünftiges Arbeiten im World Wide Web vor dem Breitbandausbau mit vielen Hindernissen verbunden war:
Gunnar Schuldt:
Also ich persönlich bin am Wochenende hergefahren und habe dann meine Emails verschickt, weil dann kein anderer im Netz war und dann ging es auf einmal.
Dann gab es irgendwann den Punkt, wo wir die Chance hatten ans Glasfasernetz angeschlossen zu werden und es war ein Unterschied wie Tag und Nacht - das muss man einfach so sagen. Es gingen mit einmal Sachen, von denen wir vorher nur geträumt haben…
Mareike Donath:
Aber auch von Unternehmern wie Rolf Hoffmann vom Kabel- und Kommunikationstechnik-Dienstleister in Bergen, die gerade in der aktuellen Zeit eine Chance für digitale Lösungen sehen.
Rolf Hoffmann:
Corona öffnet viele Schwachstellen. Ich will nicht sagen, dass das gut ist, dass es Corona gibt, aber es zeigt auf, in welcher Gesellschaftsform wir leben und wie wir in der Gesellschaftsform damit umgehen.
Mareike Donath:
Wie unterschiedlich die Anforderungen und Wünsche zum Thema Breitbandausbau sind, wird sich im Laufe dieser Folge häufiger zeigen.
Ungefähr 1,45 Milliarden Euro wird das Land - gemeinsam mit dem Bund und den Kommunen - investieren, um MV mit Breitband auszustatten. Idealerweise bis zur letzten Milchkanne...Welche Chancen bieten sich aus der Digitalisierung, das wollte ich konkret von Grevesmühlens Bürgermeister Lars Prahler wissen:
Lars Prahler
Erst einmal, wir wollen mit Hilfe dieser Fördermittel ein W-Lan aufziehen und zwar ein W-Lan, das sich kostenfrei und sehr barrierearm für jeden auftut, der die Stadt besucht. Dieses W-Lan soll an allen öffentlich frequentierten Bereichen funktionstüchtig sein und zwar auch beim Stadtfest, wenn 1000 Leute gleichzeitig versuchen sich einzuwählen. Das ist deshalb wichtig, weil wir gerade in solchen Momenten auch spezielle Angebote übers W-Lan starten wollen. Also, stellen sie sich mal das Stadtfest vor, da wollen wir dann auch propagieren, wo jetzt welche Angebote im Stadtgebiet innerhalb der nächsten 15 Minuten stattfinden wird und auch eine Wegbeschreibung Leuten auf das Smartphone spielen - dann muss das natürlich schnackeln.
Mareike Donath:
Auf einem ganz anderen Gebiet sieht Unternehmer Rolf Hoffmann großes Potenzial im Breitbandausbau – dem Gesundheitswesen:
Rolf Hoffmann
Alles was im ländlichen Raum da zur Hilfe steht, ist zum Beispiel der Telearzt - dann Gesundheitsüberwachung… Es gibt ganz einfaches kleines Mittel - keiner muss sich heute mehr pieksen, um seinen Test für Zucker zu machen. Da hat man einen Chip, mit diesem können die Daten zum Arzt übermittelt werden und der Arzt weiß eher Bescheid, wie ich selbst und ich bekomme einen Anruf. Wir wollen umweltgerechter werden - warum soll ich mir bei einem Arzt ein Rezept abholen? Es ist unverständlich. Es gibt Länder, die deutlich später die Wende begriffen haben und uns leider überholt haben. Aber ich glaube, wir sind auf einem Weg zumindest da irgendwann mal ein bisschen in die Nähe zu kommen - also ich muss nicht zum Arzt, um ein Rezept abzuholen.
Auch Elektrofachmann Gunnar Schuldt liegt die Anbindung und Digitalisierung im ländlichen Raum aus ganz persönlichen Gründen besonders am Herzen:
Gunnar Schuldt
Mein Vater ist 86 Jahre alt, wohnt auf dem Dorf und will da nicht weg. Er kann auch noch alles. Er kann sich selbst versorgen, er kann auch noch Auto fahren. Trotzdem ist es für mich und meine Schwester immer ein bisschen schwierig, weil man immer damit rechnen muss, das was passiert. Da kommt natürlich diesem Breitbandausbau eine ganz bedeutende Rolle zu. Weil ich hab dann über diese Strecke die Möglichkeit, alle - ich will ihn ja nicht überwachen, ich will ja hier nicht zum Überwachungsstaat werden, aber einfach bestimmte Sachen, die er einfach nicht mehr lernen möchte, nicht mehr lernen will, für ihn zu erledigen - aus der Ferne relativ einfach. Und wenn es nur die Programmierung der Heizungsanlage ist oder wenn er mit seinem Computer nicht klarkommt, dann wähle ich mich mit TeamViewer rauf und helfe ihm einfach. Der wohnt aber in einer Ecke, wo kein schnelles Internet ist.
Mit dem „Project Bay” ist in diesem Jahr in Lietzow auf Rügen ein Start-up entstanden, das Arbeit und Leben in Einklang bringt. Hannes Trettin ist einer der Gründer und geborener Rüganer. Er erhofft sich, dass die Digitalisierung MV einen Schub gibt und sich das Land langfristig zu einer Hochburg für junge Unternehmen und Kreative entwickelt.
Hannes Trettin
Hier ist es so, dass die Leute zwischendurch einfach rausgehen ans Wasser. Das ist nicht nur bei uns so, das ist auch bei allen anderen Spots so, die sich gerade in Mecklenburg-Vorpommern gründen. Und das einfach verbinden - das wir halt wirklich das sind, was eigentlich auch die Zukunft sein sollte - dass wir wieder mehr Richtung Natur gehen, aber gleichzeitig halt auch digital unterwegs sind und da halt einfach neue Möglichkeiten schaffen. Das ist unsere Chance, als Mecklenburg-Vorpommern, dass wir nicht nur das Bundesland sind für Natur pur und Wasser, sondern gleichzeitig auch die digitale Komponente haben und da für Entwicklung stehen.
Mareike Donath:
Wir haben viele unterschiedlichen Meinungen und Blickwinkel gehört.. Zum Abschluss werfen wir noch einen Blick in die Zukunft. Dazu formuliert Gunnar Schuldt seine Vision für das digitale MV:
Gunnar Schuldt:
Mein Hauptwunsch ist an der Stelle, dass es weitergeht. Wir haben angefangen - entscheidend ist, dass wir ein stabiles Datennetz, Internet zur Verfügung stellen - für ganz MV. Und das wir nicht anfangen, bestimmte Dinge zu zerreden. Probleme gibt es überall, die müssen dann bloß gelöst werden und man kann auch verschiedene Meinungen haben, dass ist auch so und ich gebe Ihnen (Mareike Donath angesprochen) Recht, ich möchte auch keine Windmühle vor der Tür stehen haben oder einen Sendemast - na klar ist das so. Da sind wir dann auch alle irgendwo Individualisten, aber trotzdem muss es irgendwo einen Konsens geben und es darf nicht dazu führen, dass wir uns verzetteln. Sondern es muss wirklich weitergehen an der Stelle. Das wir die Dinge, die in vielen Ländern und auch in vielen Regionen selbstverständlich sind, dass wir sie für Mecklenburg-Vorpommern jetzt nicht irgendwo zerreden - aus irgendwelchen Gründen uns von abhalten lassen, sondern dass es weitergeht.
Mareike Donath:
Genaue Vorstellungen und Wünsche hat auch Rolf Hoffmann:
Rolf Hoffmann:
Würde ich an drei Punkten festmachen: Die erste Vision wäre, dass die Infrastruktur in öffentliche Hand kommt. Das es eine Gesellschaft gibt, die diese Netze wartet und pflegt, um die Sicherheit der Netze zu stabilisieren und zu gewährleisten. Das Zweite wäre ein offener Umgang und eine Sichtbarkeit der Daten. Und der dritte Standpunkt wäre: Ich vermisse die Digitalisierung in den Betrieben, als Unterstützung - sprich in der Ausbildung. Ich vermisse es immer noch an den Schulen. Es fängt aber bei der Unterstützung der Lehrer an. Es muss das Fach Digitalisierung, was ist das - also ich will jetzt einem Schüler nicht erklären, es gibt einen Glasfaserausbau. Ich muss ihm aber erklären, wie sicherst Du zukünftig Dein Heimnetzwerk ab. Wie sicherst Du Deine Endgeräte ab. Wie gehst Du damit um. Es gab mal einen Begriff Volksbildung...eigentlich brauche ich eine digitale Volksbildung. Das mag komisch klingen, geschichtlich bedingt, aber das wäre so der Punkt, den ich mir wünsche. und nicht mit jeder 0 und 1 den Kommerz sehen.
Mareike Donath:
Zum Abschluss formuliert auch Bürgermeister Lars Prahler seine Vision fürs digitale MV…
Lars Prahler:
Ich würde mir wünschen, dass sich jede Stadt mit ihren Verhältnissen auseinandersetzt und Lösungen für sich findet und sich jetzt aufmacht, wenn er es nicht schon getan hat. Es ist ganz wichtig, für die zukünftige Bewertung einer jeden einzelnen Körperschaft, jeder einzelnen Institution und letztendlich der Stadt - wie bin ich digital aufgestellt und diese Frage kann sich nur jede Stadt selbst beantworten, weil jede Stadt ist anders. Es wird sich ein Gesamtbild für Mecklenburg-Vorpommern ergeben. Ob das nun gesteuert ist von oben oder ein Buttom-Up Projekt wird, dass werden wir sehen. Wahrscheinlich wird der Prozess sowieso - weil man es letztlich nicht steuern kann - amorph verlaufen und wir sind abhängig von Zufallsereignissen. Mensch, da gibt es einen, der hat ne besonders kluge Lösung…” und dann wird daraus ein ganz tolles, großes Projekt - oder eben nicht. Ich kann nur Mecklenburg-Vorpommern dazu animieren, bei dem Themenfeld Digitalisierung wirklich mal Luft zu holen und sich nicht über Defizite zu viele Gedanken zu machen und über das Thema “Wir sind ja Mecklenburg-Vorpommern, ländlich geprägt und sowieso immer am Ende der Fahnenstange.” - NEIN!
Das Thema Digitalisierung ist - anders als Schwerindustrie, anders als öffentliche Infrastruktur, Geldwirtschaft - maßgeblich davon geprägt, was wir in unseren Köpfen haben. Wenn wir sagen, dass wir bei der Digitalisierung sowieso keine Chance haben, dann sagen wir nichts anderes als, dass wir blöd sind - und das sind wir nicht! Also, Feuer frei! Macht alle das beste draus, zeigt Engagement und dann können wir sogar bundesweite Spitze sein.
Mareike Donath:
Liebe Hörerinnen und Hörer, vielen Dank für Ihre Zeit. In der nächsten Podcast - Folge hören Sie ein Exklusiv-Interview mit Digitalisierungsminister Christian Pegel. Hier wird es um den Ausbau der digitalen Infrastruktur in Mecklenburg-Vorpommern gehen. Wir erhalten Einblicke in politische Entscheidungsprozesse, aktuelle Hindernisse und auch einen Ausblick für unser Digitales MV. Ich freue mich, wenn Sie wieder dabei sind.
Herzlichst, Ihre Mareike Donath.