Erfahrungsbericht: Einen Podcast gründen

„Lieder können fliegen“ oder wie ich zu der Gründung eines Podcasts für zeitgenössisches Lied kam

Unsere Autorin Sabine Bergk wurde im InnovationPort Wismar im Rahmen des digitalents-Programms in ihrer Gründung unterstützt.

Gar nicht so einfach, einen Podcast zu gründen, auch wenn es sich einfach anhört - eigentlich braucht man nur ein Mikrofon, Software, Kopfhörer, Interviewpartner und Zeit zum Schneiden. Dennoch war für mich der Weg zum Podcast ein Weg mit technischen Hindernissen. In diesem kurzen Beitrag erzähle ich über die Unwägbarkeiten und Hinternisse, die bei der Podcast-Gründung auftreten.

Die ersten Schritte

Nach einem Einführungsseminar im Innovation Port Wismar mit Oliver Kramer von der Agentur Wellenrauschen aus Rostock hatte ich den Mut gefasst, es auszuprobieren. Ich ließ mich Schritt für Schritt von Oliver coachen. Als Vorbereitung musste jedoch erst einmal der Technikpark stimmen.

Es war ein Hürdenlauf. Nichts funktionierte. Um mit der neusten Version von Garageband (einer Schnittsoftware) zu arbeiten, kaufte ich mir schließlich auf Raten ein neues Laptop. Jeder Schritt war mit Schwierigkeiten verbunden, doch ich konnte für jedes technische Problem in die Techniksprechstunde des Innovation Ports gehen - das hat mir über die technischen Hürden geholfen.

Gleichzeitig musste ich als Referenz für den Podcast-Feed eine neue Website bauen. Für die Website brauchte ich nicht nur eine Struktur, sondern auch Kenntnisse der rechtlichen Absicherung - und eine Referenzadresse als physischen Raum. Zunächst buchte ich ein Postfach; später mietete ich einen Büroraum in Wismar. Hört sich einfach an, war es aber nicht. Selbst eine Post zu finden, die noch Postfächer betreibt, war eine regelrechte Odyssee. Und auch das Postfach in Grevesmühlen läuft zum Ende des Jahres aus, da die Post diesen Dienst nicht mehr anbietet. Wie gut, dass ich einen schönen Büroraum in Wismar gefunden habe. Mit einer Büroraum-Miete als Kostenfaktor hatte ich anfangs bei der Podcast-Planung jedoch nicht gerechnet.

Eine Website zu bauen, war ebenfalls ein längerer Prozess. Welchen Homepagebaukasten sollte ich wählen, mit welcher Firma zusammen arbeiten? Wie sollte es optisch aussehen? Ich fand die wunderbare Grafikdesignerin Maria Tonn am Wismarer Hafen und im Team ging es gleich viel besser. Nach zwei Monaten war alles geschafft.
Maria entwickelt weiterhin die Cover für jede Episode des Podcasts und betreut die Homepage. Was für ein tolles Team hatte ich auf Anhieb in Wismar gefunden! Den Innovation Port als Geburtsstätte des Podcasts, Oliver Kramer als Coach und Maria Tonn für die optische Verwirklichung. Besser konnte es nicht gehen.
Wismar verfügt über ein tolles Gründer-Klima, gerade für Neuankömmlinge wie mich, die mit ihrer Familie aus Berlin an die Ostsee übersiedelte. Ich war überrascht, dass ich so viel positive Unterstützung und Innovationsfreude in dieser kleinen Hafenstadt vorfinden konnte. Ein positiver Geist trägt einen über jedes Hindernis hinweg.

Die Inhalte zusammenbringen

Inhaltlich hatte ich weniger Arbeit, den Podcast zu positionieren, da ich sehr genau wusste, worum es gehen sollte. Ich hatte das Konzept mit dem Innovation Port geprüft - diese erste Prüfung war sehr wichtig für mich, um zu sehen, wo ich mit der Idee stehe. Das Coaching beim Innovation Port war also sehr gut, um mir zu zeigen, dass das Projekt eigentlich schon sehr weit gereift war und ich startbereit war.

Seit 15 Jahren schreibe ich als Textdichterin zusammen mit zeitgenössischen Komponisten Kunstlieder. Es sind Lieder in der Tradition von Schubert, Schumann, Wolf - aber natürlich moderner. Ich wollte meine Lieder so gerne für ein internationales Publikum öffnen. Das zeitgenössische Lied hat in der Klassik-Welt kein Podium. Die Idee, das Lied zu digitalisieren und Lieder-Fans weltweit anzusprechen, fiel auf fruchtbaren Boden.

Schließlich war es soweit und ich produzierte mein erstes Interview.

Wie sollte ich das Interview gestalten? Ich entschied mich, erst einmal locker über das Leben und Kennenlernen zu sprechen. Anschließend wollte ich pro Folge ein Lied spielen.

„Wollen wir mal reinhören?“, fragte ich spontan. Bei dieser Frage ist es in allen folgenden Podcasts geblieben. Sie ist so etwas wie ein Markenzeichen geworden, etwas, das mir und allen Interviewpartnern immer unglaublich viel Spaß macht. „Oh ja!“, kommt dann zurück und die Musik wird gespielt.

Schnitt, Lizenzen und Hosting

Nun galt es, die Folge zu schneiden. Oliver Kramer hatte mir das Schneiden beigebracht, doch es braucht einfach viel Expertise, es wirklich gut hinzubekommen, dass die vielen “Hms” und Zwischenatmer nicht mehr hörbar sind. Für das Schneiden der ersten Folgen brauchte ich anfangs eine ganze Woche. Inzwischen schaffe ich es in zwei Tagen.

Für die Musik brauchte ich natürlich eine GEMA Lizenz. Auch hier hieß es, sich in die GEMA und die Website der GEMA einzuarbeiten und dann natürlich monatlich Lizenz zahlen. Die Lizenzgebühren für 3,5 Minuten Musik lagen im Sommer noch bei 45 Euro, inzwischen sind es 60 Euro. Ich habe wegen der hohen Lizenzgebühren den englischen Podcast, den ich gleich im Podcast-Fieber mitproduzierte, eingestellt. Dafür musste ich wieder alle Portale kontaktieren, damit der Podcast ganz aus dem Netz verschwindet und alle meine schönen Folgen löschen. Gleichzeitig wurde ich selbst GEMA-Mitglied, um als Textdichterin auch Tantiemen zu verdienen.

Die Hosting Gebühren sind relativ gering, dennoch addiert sich alles zusammen. Bei der Wahl des Hosts sollte man gut aufpassen, was zu einem passt. Ich entschied mich spontan für eine Podcasting Firma, die genau in dem Kiez ihren Sitz hat, in dem ich in Berlin gelebt hatte - podcaster.de. Es war eine eher emotionale Entscheidung als ein wirkliches Abwägen der Vor- und Nachteile. Ist man erst einmal bei einem Host, wechselt man nicht sofort wieder. Bei Spotify kann man sofort monetarisieren, wenn man Spotify als Host wählt. Das ist eine Option, die durchaus wichtig ist. podcaster.de kann ich jeden Tag anrufen, wenn ich eine Frage habe. Das ist auch wichtig, gerade, wenn man mit dem Podcasting erst anfängt.

Die Sache mit dem Sound

Und zum Schluss noch das Abenteuer Mikrofon. Ich kaufte zwei identische Mikrofone, mit dem Ziel, eines dem jeweiligen Interviewpartner zu schicken, damit beide technisch auf dem selben Stand wären. Gleich der erste Versuch ging schief. Das Reise-Mikrofon blieb irgendwo zwischen Köln und Wien stecken und ging nach Köln zurück, während wir es eigentlich in Wien brauchten. Mikrofone sind ein ganz eigenes Fachgebiet. Manchmal helfen sie sehr, man muss aber wissen, wie man sie installiert und vor allem, wie man hinein spricht. Ein Komponist hatte ein besonders hochwertiges Mikrofon, sprach aber zu dicht hinein und die übersteuerten Stellen konnte ich nicht wegschneiden. Ein anderes Mikrofon einer Komponistin funktionierte bei einer Folge wunderbar, bei der anderen plötzlich nicht mehr, es klang ganz kratzig. Computeraudio ist nur eine Notlösung, meist ist die Tonqualität zu unregelmäßig.

Inzwischen verwenden fast alle Interviewpartner einfach nur ihr eigenes Handy. Das hat eine bessere Tonqualität als der Computer und es gibt keine Anschlussprobleme mit Mikrofonen. Auch gibt es wenig Nebengeräusche, da man sich wenig mit den Händen bewegt, wenn man das Handy in der Hand hält. Sitzt man am Tisch und spricht in den Computer, sind die Hände immer versucht, irgendwie über den Tisch zu wischen und all diese kleinen Nebengeräusche bekomme ich mit Garageband kaum weggeschnitten. Das Handy ist ein guter Mittelweg. Selbst Rundfunksender nehmen inzwischen über das Privathandy des Interviewpartners auf.

Zum Aufnehmen braucht man auch einen guten Raum - möglichst einen robusten Tisch, der nicht hallt (das weiß ich, seit ich den Tisch gewechselt habe und der neue Tisch, der leichter und schöner im Design ist, leider akustisch einen Hall erzeugt), Bücher unter das Mikrofon schieben und den Kühlschrank herunter drehen, damit er im Hintergrund nicht brummt. Ein echter Podcaster ist jemand, der tagelang vergisst, den Kühlschrank wieder anzustellen…

Erfolge

Die erste Folge war produziert. Sie hieß „Ein kleiner Kohlweissling“ und handelte von einem Schmetterling an einem Sommertag während der Pandemie. Ein Moment der Stille, des Wunders - dieser Kohlweißling hat sich sofort in den (eigenen) Charts den Platz 1 erflogen und ist auch immer noch, am Jahresende, auf Platz 1. Der „kleine Kohlweissling“ hatte gleich in den ersten zwei Tagen über 300 Hörer. So viele Menschen interessierten sich für einen musikalischen Schmetterling! Ich war erstaunt, wusste jedoch, dass es einer der ersten Podcasts für zeitgenössisches Lied weltweit war. Ich war so etwas wie ein first mover.

„Lieder können fliegen“ hat inzwischen 6500 Streams und Downloads. Er wird in Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Frankreich und den USA gehört. Ganz genau komme ich bei den Statistiken und Rankings nicht hinterher. Auch die Social Media Vermarktung habe ich kaum geschafft - bisher poste ich jede Folge nur unter Freunden auf Facebook und es sind trotzdem manchmal 300 Hörer pro Tag.

Der Podcast wird auch weiterhin nicht monetarisiert, da er von einem breiten Publikum kostenfrei gehört werden soll. Vielleicht schaffe ich es, einen Sponsor für „Lieder können fliegen“ zu finden, der das Kunstlied liebt. Mit dem nächsten Podcast starte ich dann aber gleich gegen Bezahlung. Ich bin gespannt, wie es im neuen Jahr 2024 mit dem Podcasting weitergeht. Da ist noch Luft nach oben.

 

„Lieder können fliegen“ können Sie auf allen Plattformen (u.a.Spotify, Apple) hören, oder auf meiner Website: sabinebergk.de

 

Bildnachweis

Sabine Bergk: © Julia Wulf, InnovationPort – Digitales Innovationszentrum Wismar
Oliver Kramer: Screenshot © Sabine Bergk

Kontakt
InnovationPort – Digitales Innovationszentrum Wismar
Stockholmer Straße 16, 23966 Wismar
Telefon: 03841 2468154
E-Mail: makeitpossible[at]innovation-port.com