Prototyping – Die Theaterbühne der Ideen
Clemens Grapentin, InnovationPort – Digitales Innovationszentrum Wismar
Von außen betrachtet gleicht der Innovationsprozess einem faszinierenden Theaterstück. Ideen sind die Drehbücher, doch auf dem Papier bleiben sie nur Worte. Prototyping verwandelt diese abstrakten Vorstellungen in eine Liveaufführung – ein Stück, das das Publikum nicht nur beobachtet, sondern aktiv erlebt.
Ein Gedanke wird zu einem handfesten analogen oder digitalen Objekt. Der Prototyp ist die Improvisationsprobe vor Publikum, die dem Zuschauer einen Vorgeschmack gibt, was hinter den Kulissen an kreativer Energie brodelt. Es ist, als ob die Ideen plötzlich die Bühne betreten und die Betrachter in ihren Bann ziehen.
Innovation ist selten ein gerader Weg zum Erfolg. Im Prozess des Prototyping taucht man aktiv in die Rolle eines Detektives des Scheiterns. Von außen betrachtet mag es paradox erscheinen, aber das Scheitern wird hier nicht als Niederlage betrachtet, sondern als Teil des Entwicklungsprozesses. Mit jeder gescheiterten Idee werden neue Erkenntnisse gewonnen. Prototyping ist eine Spurensuche, bei der jeder "Fehler" einen Schritt näher zur Lösung bedeutet. Es ist, als ob die Detektive des Scheiterns die Hinweise interpretieren und so den Weg zur Innovation ebnen.
Prototyping im Kontext digitaler Lösungen
Die digitale Transformation hat in den letzten Jahren die Art und Weise verändert, wie Unternehmen Produkte und Dienstleistungen entwickeln und bereitstellen. Ein zentraler Baustein in diesem Prozess ist das Prototyping, eine Methode, die es ermöglicht, Ideen schnell in greifbare Formen zu bringen und potenzielle Lösungswege zu erkunden.
Prototyping ist ein iterativer Prozess, bei dem Modelle oder Prototypen von Produkten oder Systemen erstellt und getestet werden, um die Machbarkeit, Funktionalität und Benutzerfreundlichkeit zu überprüfen. Dieser Ansatz ermöglicht es Entwicklern, frühzeitig Feedback zu erhalten und Anpassungen vorzunehmen, was letztendlich zu effizienteren und besseren Endprodukten führt.
In der digitalen Welt manifestiert sich das Prototyping oft in Form von Wireframes, Mockups oder interaktiven Prototypen von Softwareanwendungen. Diese visuellen Darstellungen dienen dazu, Designkonzepte zu veranschaulichen und den Entwicklungsprozess zu beschleunigen. Das Prototyping digitaler Produkte und Dienstleistungen, verfolgt einen theoretischen Ansatz, bei dem inhaltliche und strukturelle Anforderungen überprüft werden. Ziel ist ein genaues Bild über die Bedürfnisse und Emotionen des Nutzers zu bekommen. Über modellhafte Testreihen wird in frühen Phasen der Entwicklung beispielsweise die Bedienbarkeit oder Verhaltensweise eines Nutzers überprüft. Die Nutzer als Kunden stehen hierbei immer im Fokus. An ihnen werden Fragestellungen, beispielsweise der Bedienbarkeit, der emotionalen Erfahrung und des realen Nutzens, ausgerichtet. Dann wird zusammen mit dem Kosten-Nutzen-Faktor und den technischen Anforderungen weitergeplant.

Prototypingtools
(von links nach rechts)
Pen & Paper – Role Play – Storyboarding – Mockups – Wire Frames – Erklärvideo
Für das Erzeugen von Analogen Modellen stehen weitere Fertigungstechniken zur Verfügung, um in eine schnelle Umsetzung zu kommen.
Bespiele für Prototypingtools im Rapid-Prototypingbereich
3D Printing – SLS, 3D Printing – FDM, 3D Printing – SLA, CNC Fräsen, CNC Drehen, CNC-Cut und Schnell-Spritzguss.
Beispiele analoger Produkte in der Prototypingphase
(von links nach rechts)
Explosionszeichnung eines Prototyp – Fertiger Prototyp eines physischen Modells – Entwicklungsschritte eines Prototypen – Moodboard eines Prototypen
Prototyping ist keine Einbahnstraße, sondern eine vielfältige Autobahn der Kreativität. Die Auswahl der richtigen Prototypingmethode hängt von den spezifischen Anforderungen des Projekts ab. Ob mit Pappmaché, digitalen Wireframes oder virtuellen Welten – Prototyping ist die kreative Spielwiese, auf der Ideen gedeihen und Innovationen Wurzeln schlagen.
Praxisbeispiele für Prototyping aus der Wirtschaft
1. Softwareentwicklung in der Finanzbranche
In der Finanzindustrie werden Prototyping-Methoden intensiv genutzt, um neue Softwarelösungen zu entwickeln. Beispielsweise könnte ein Finanzdienstleister einen Prototyp für eine mobile Anwendung erstellen, die es Kunden ermöglicht, einfach und intuitiv auf ihre Konten zuzugreifen. Das Prototyping ermöglicht schnelle Tests, um sicherzustellen, dass die Benutzeroberfläche den Anforderungen der Nutzer entspricht.
2. Automobilindustrie und Produktinnovation
Automobilhersteller setzen Prototyping ein, um neue Fahrzeugfunktionen zu entwickeln und zu testen. Ein Beispiel könnte die Prototypenentwicklung für ein autonomes Fahrzeug sein. Durch Prototypen können verschiedene Sensoren und Fahrzeugsysteme in einer realistischen Umgebung getestet werden, um Sicherheit und Effizienz zu gewährleisten.
3. Prototyping im Bereich der Konsumelektronik
Unternehmen, die Konsumelektronik herstellen, nutzen Prototyping, um neue Produkte schnell auf den Markt zu bringen. Hier kann ein Prototyp für ein neues Smartphone-Design erstellt werden, um das Aussehen, die Ergonomie und die Benutzeroberfläche zu evaluieren, bevor die Massenproduktion beginnt.
4. Medizintechnik und Prototyping von medizinischen Geräten
In der Medizintechnik ist Prototyping von entscheidender Bedeutung, um innovative medizinische Geräte zu entwickeln. Ein Beispiel könnte die Prototypenentwicklung für einen neuen tragbaren Blutzuckermesser sein. Prototypen ermöglichen es, die Funktionalität, Genauigkeit und Benutzerfreundlichkeit des Geräts vor der Markteinführung zu überprüfen.
5. Prototyping in der Lebensmittelindustrie
In der Lebensmittelindustrie kann Prototyping für die Entwicklung neuer Verpackungskonzepte genutzt werden. Ein Unternehmen könnte beispielsweise Prototypen für umweltfreundliche Verpackungen testen, um deren Haltbarkeit, Handhabung und Umweltauswirkungen zu bewerten, bevor sie in großem Maßstab produziert werden.
Diese Beispiele verdeutlichen, wie Prototyping in verschiedenen Branchen eingesetzt wird, um Produkte und Lösungen zu optimieren, bevor sie auf den Markt kommen. Der iterative Prozess des Prototypings ermöglicht es Unternehmen, frühzeitig auf Feedback zu reagieren und sicherzustellen, dass ihre Produkte den Anforderungen der Zielgruppe entsprechen. Das Prototyping bietet einen entscheidenden Vorteil. Durch die Möglichkeit, schnell und kostengünstig verschiedene Designansätze zu testen, können Entwickler und Unternehmer die Bedürfnisse der regionalen Nutzer besser verstehen. Das iterative Feedback ermöglicht es, lokale Besonderheiten zu berücksichtigen und die digitale Lösung entsprechend anzupassen.
Nutzen von Prototyping im Innovativen Prozess: Frühzeitige Validierung und Anpassung
Frühzeitige Validierung
Prototyping erlaubt die frühzeitige Überprüfung von Ideen und Konzepten, noch bevor sie in die umfangreiche Produktions- oder Implementierungsphase eintreten. Durch das Erforschen von Prototypen können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Visionen praktisch realisierbar sind und den Bedürfnissen der Zielgruppe entsprechen.
Anpassung an Nutzerbedürfnisse
Prototyping ermöglicht es, direkt Feedback von potenziellen Nutzern oder Stakeholdern zu erhalten. Dieser iterative Prozess der Anpassung basierend auf Rückmeldungen gewährleistet, dass das Endprodukt oder die Dienstleistung optimal auf die Bedürfnisse und Erwartungen der Zielgruppe zugeschnitten ist.
Kosten- und Zeitersparnis
Durch das frühzeitige Identifizieren von Problemen und das kontinuierliche Optimieren während des Prototypings können Unternehmen Kosten und Zeit sparen. Fehlentwicklungen werden vermieden, und der Innovationsprozess wird effizienter gestaltet.
Kommunikation und Teamintegration
Prototyping erleichtert die Kommunikation innerhalb des Entwicklerteams und mit anderen Stakeholdern. Es schafft eine gemeinsame Grundlage für Diskussionen und Entscheidungen, was die Zusammenarbeit verbessert und den Innovationsprozess effektiver gestaltet.
Fazit: Prototyping als Schlüssel zur effektiven Innovation
In wissenschaftlicher Hinsicht fungiert Prototyping als kritischer Bestandteil im Innovationsprozess, der dazu beiträgt, das Risiko zu minimieren, die Effizienz zu steigern und die Qualität der Endprodukte zu verbessern. Die Anwendung von Prototypen erlaubt es Unternehmen, ihre Innovationsbemühungen auf eine fundierte, evidenzbasierte Grundlage zu stellen, um nachhaltige und marktfähige Lösungen zu entwickeln.
Literatur
DAS DESIGN THINKING PLAYBOOK, Franz Vahlen GmbH Verlag, 2018, ISBN 9783800656370
Startup Navigator, Das Handbuch zur Unternehmensgründung, Frankfurter Allgemeine Buch Verlag, 2018, ISBN 9783956012211
Value Proposition Design, Campus Verlag, 2015, ISBN 9783593503318
Bildnachweis
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