Pilotprojekt #agileVerwaltung
Lernen, Experimentieren, und Adaptieren – eine Stadtverwaltung wird agil!
Frida Hoth, Digitales Innovationszentrum Schwerin
Das Pilotprojekt "#agileVerwaltung" ist ein progressiver Schritt in der Transformation der öffentlichen Verwaltung in der Landeshauptstadt Schwerin. Vier Teams haben sechs Monate lang agile Arbeitsmethoden kennengelernt, im Arbeitsalltag angewendet und evaluiert. Angeleitet von einer erfahrenen Agile Coachin aus dem Digitalen Innovationszentrum, hat sich daraus in der Stadtverwaltung Schwerins eine innovative „Agile Community“ etabliert.
Angesichts der Tatsache, dass Schwerin als Landeshauptstadt die Nähe zur Landesregierung hat, ergibt sich für das Digitale Innovationszentrum eine logische Notwendigkeit, sich mit den Herausforderungen der digitalen Transformation in der öffentlichen Verwaltung auseinanderzusetzen. Schon auf der NØRD 2021 wurde mit der Veranstaltung „Agil statt Aktenberg“ die Frage aufgegriffen, ob agile Arbeitsmethoden die Transformation im öffentlichen Sektor unterstützen. Das Interesse an dieser Veranstaltung war sehr groß und wurde dementsprechend weiterverfolgt.
Aus dem Ökosystem des Digitalen Innovationszentrums Schwerin kristallisierten sich im Nachgang zwei Hypothesen heraus:
- „Agile Arbeitsmethoden unterstützen die digitale Transformation in der öffentlichen Verwaltung.“
- „Agile Arbeitsmethoden unterstützen die Kommunikation sowie das gegenseitige Verständnis zwischen der Wirtschaft / Start-ups und der öffentlichen Verwaltung.“
Aufgrund der institutionell-bedingten Nähe zur Stadtverwaltung der Landeshauptstadt Schwerin konnte ein Pilotprojekt initiiert werden, dass die Überprüfung dieser Hypothesen zum Ziel hatte. Dafür wurden vier Teams bestimmt. Zwei davon entsprachen bereits bestehender Fachgruppen, zwei weitere Teams waren durchmischt mit interessierten Mitarbeitenden.
Die Teams hatten unterschiedliche Ausgangspositionen. Während eines der bereits bestehenden Teams die Ausgestaltung der Arbeitsorganisation und der Zielerreichung frei umsetzen konnte, war ein anderes Team an durch den Gesetzgeber an festgeschriebene Arbeitsprozesse gebunden. Beide Teams müssen regelmäßig mit externen Partnern aus der Wirtschaft zusammenarbeiten. Mit der Auswahl dieser beiden Teams sollte überprüft werden, ob agile Methoden sowohl für die frei gestaltbaren Arbeitsabläufe als auch für vorgegebene Prozesse in der Verwaltung einen Mehrwert bringen.
Die fachgruppenübergreifenden Teams inkludierten Sachbearbeiter:innen, Führungskräfte und einen Dezernenten. Sie alle sind Meinungsbildner:innen in der Belegschaft und sollten die Potenziale des agilen Arbeitens für ihr Aufgabenfeld prüfen. Bei einem geglückten Projekt können sie unterstützen, diese Methoden Peer-to-Peer weiterzuverbreiten.
1. Agile Arbeitsmethoden mit Wirkung
Agile Arbeitsmethoden bieten eine effektive Möglichkeit, Teilnehmende mit den grundlegenden Methoden der Mitarbeitenden-Zentrierung vertraut zu machen und gleichzeitig die Kommunikation innerhalb des Teams zu strukturieren und zu fördern. Durch regelmäßige Abstimmungen und klare Prozesse entsteht Transparenz, die das Vertrauen innerhalb des Teams stärkt und die Erreichung gemeinsamer Ziele erleichtert. Agile Methoden tragen dazu bei, das Teamverständnis zu stärken, Lernprozesse anzustoßen und klare Ziele zu formulieren. Die Umsetzung erfolgt dabei effizienter und selbstorganisiert, was zu einer nachhaltigen und erfolgreichen Arbeitsweise führt.
Die Teams aus unserem Projekt lieferten für uns wertvolle Erkenntnisse. Eine anfängliche Skepsis gegenüber agilen Arbeitsweisen konnte durch gut gestaltete Workshops rasch in Interesse und schließlich Begeisterung umgewandelt werden. Ein regelmäßiger Turnus dieser Workshops erwies sich als Schlüssel zum Erfolg, indem er die Teams in den „Flow“ versetzte und ihre Anwendungsfähigkeiten stetig verbesserte. Die iterativen Anpassungen der Workshops an die individuellen Bedürfnisse der Teams durch die Coachin ermöglichte es, an realen Fragestellungen zu arbeiten, wodurch ein schneller Bezug zum eigenen Arbeitsalltag hergestellt wurde.
2. Agile Arbeitsmethoden in der Praxis
Die „agilen Werte“ stießen auf große Resonanz, wobei die Teammitglieder diese erfolgreich auf den Verwaltungskontext übertrugen. Eine hervorragende Grundlage, um das agile Mindset in die Verwaltung zu integrieren. Die Einführung der sogenannten Dailys erwies sich als großer gemeinsamer Nenner. Eine schnell umsetzbare, stark strukturierte und wenig zeitaufwendige Routine des täglichen Austausches erleichtert die grundsätzliche Kommunikation und das Verständnis für die Arbeit des Anderen.
Die Kanban-Methode, insbesondere durchgeführt mit digitalen Instrumenten, war in diesem Pilotprojekt eine der Methoden mit der größten Wirkung. Durch den Einsatz kann die Komplexität von Aufgaben strukturiert und damit übersichtlich dargestellt werden. Die Stadtverwaltung Schwerin verfügt bereits über ein eigenes Kanban-Tool. Dementsprechend schnell konnte nach einem Workshop in die Nutzung der Methode eingestiegen werden.
Eines der Teams stand vor der Herausforderung, ein sehr umfassendes Projekt mit vielen weiteren Akteuren abzubilden. Dabei wurde schnell deutlich, dass die klassische Beschreibung der Kanban-Spalten „To-do | In Bearbeitung | Erledigt“ nicht ausreicht. In Zusammenarbeit mit der Agile Coachin konnten andere Herangehensweisen an die Nutzung des Kanbans erarbeitet, getestet und evaluiert werden. Zum Ende des Pilotprojekts wurde das Board fester Bestandteil des Alltagsgeschäfts, mit dem das Team seine Projekte transparent und verständlich abbildet.
Ebenso erhielt das Erlernen und Erproben der Kreativmethode Design Thinking viel Zuspruch und wurde ein Meilenstein für das Pilotprojekt. Beim Design Thinking wird ein Team möglichst divers zusammengestellt, um gemeinsam an einer Problemlösung zu arbeiten. Aus der Sicht der Bürger:innen herrscht oft das Bild vor, in Verwaltungen würden hauptsächlich Prozesse abgearbeitet. Tatsächlich aber muss auch die Verwaltung einer Stadt oder Kommune für viele Anforderungen neue Lösungen finden und iterativ arbeiten. Hier kann der Design Thinking Prozess mit seiner strukturierten Vorgehensweise einen hilfreichen Rahmen bildet. Die Teams hatten die Gelegenheit diese Methode theoretisch und praktisch zu erlernen. Dazu wurde gemeinsam ein relevanter Use Case identifiziert, eine Challenge definiert und mit dem Durchlaufen aller fünf Phasen des Design Thinkings eine Lösung inklusive Prototypen entwickelt. Im Design Thinking ist jedes Teammitglied gefragt, wodurch diese Methode den Teamgedanken stark fördert. Dies legte den Grundstein für die Verstetigung agilen Arbeitens in der Stadtverwaltung Schwerin über das Pilotprojekt hinaus.
3. Fazit
Das Pilotprojekt #agileVerwaltung hat wissenschaftliche Theorien bestätigt und knüpft an die Erfahrungen anderer öffentlicher Institutionen an, die bereits auf ihrem agilen Weg sind. Sehr deutlich wurde in diesem Pilotprojekt, dass es die eigenen Erfahrungen bedarf, um eine Theorie in die Praxis zu überführen. Zwei Feedbacks nach den Workshops zu agilen Arbeitsmethoden unterstützen diese Erkenntnis:
„Agile Arbeitsmethoden beinhalten eine Dynamik, straffe Zeitpläne und führen zu Entscheidungen.“
„Mit Design Thinking in kurzer Zeit Ideen entwickeln und nächste Schritte ableiten, hat mir am besten gefallen.“
Mit dem Pilotprojekt konnte ein relevanter Beitrag zum Verständnis digitaler Prozess- und Projektmanagementanwendungen sowie zu iterativen Arbeitsprozessen, wie sie in digitalen Start-ups gelebt werden, geleistet werden. Die Hypothesen wurden über sechs Monate hinweg bestätigt. Damit konnte das Pilotprojekt #agileLHS den Grundstein für die Zusammenarbeit mit Start-ups im Kontext der digitalen Transformation und für deren erfolgreiche Umsetzung legen.
Aus dem Pilotprojekt heraus entwickelte sich eine agile Community, die auch durch den Fachdienst Personal Unterstützung findet. Die Stadtverwaltung der Landeshauptstadt Schwerin kann nach diesem Pilotprojekt also mit einer motivierten Einheit die Transformation in den Arbeitsprozessen voranbringen. Dazu sollen im nächsten Schritt auch Agile Coaches aus den eigene Reihen ausgebildet werden. Mit Methodenkompetenz ausgestattet, wird in der eigenen Fachgruppe das agile Mindset sowie agile Arbeitsweisen gefestigt, welche dann in andere Fachbereiche ausstrahlen können. Als weiterer, zukünftiger Mehrwert gilt ebenso der dann bestehende Zugriff auf verwaltungsinterne, agile Coaches. Dies ist ein Schlüsselelement für die erfolgreiche Manifestierung agiler Arbeitsmethoden. Denn es hat sich im Pilotprojekt gezeigt, dass die Präsenz einer neutralen Moderation essenziell ist, um in Workshops oder Meetings das Augenmerk auf das Wesentliche zu richten. Diese Vorgehensweise ermöglicht es, diese Termine zielgerichtet und erfolgreich zu gestalten, wodurch agile Arbeitsmethoden erst ihre Effektivität entfalten können. Eine Rolle welche wir, das Digitale Innovationszentrum Schwerin, in diesem Projekt mit viel Freude eingenommen haben.
Kontakt
Digitales Innovationszentrum Schwerin
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